Werdohl – 14 Monate ist am neuen Brüninghaus-Platz im Herzen Werdohls gearbeitet worden, vor drei Monaten ist der Platz eingeweiht worden. Jetzt legt ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten den Verdacht nahe, dass die Pflasterarbeiten nicht regelkonform und nicht nach den Vorgaben der Ausschreibung durchgeführt worden sind.
Bereits 13 Tage nach der offiziellen Einweihung von Werdohls „guter Stube“ am 5. Mai hat ein Gutachter im Auftrag der Stadt einzelne Steine des Granitpflasters herausnehmen lassen und die Pflasterbettung beurteilt. Die Stadt hat diese Maßnahme an einem Donnerstagmorgen damals als „nicht öffentliche Veranstaltung“ bezeichnet und jegliche Anfragen über die Hintergründe abgeblockt.
Sieben Wochen später hat die Stadt noch einmal zusammen mit dem Architekten Volker Finger und Mitarbeitern der bauausführenden Firma die Qualität der ausgeführten Arbeiten kontrolliert. Dabei wurden an 47 zuvor festgelegten Messpunkten einzelne Pflastersteine herausgelöst und vermessen, ebenso wurden die Dicke der Pflasterbettung aus Feinsplitt und die Breite der Fugen ermittelt.
Erst WBG schafft Öffentlichkeit
Von den Ergebnissen dieser Kontrollen hat die Öffentlichkeit nie etwas erfahren. Der Stadtrat hat sich erst in der vergangenen Woche damit beschäftigt. Zu verdanken ist das der WBG-Fraktion, die darauf drängte, die Ergebnisse der Kontrollen auf dem Brüninghaus-Platz öffentlich im Rat zu besprechen. „Aus rechtlichen Gründen war das aber nicht möglich“, erklärte WBG-Fraktionschef Volker Oßenberg auf Nachfrage. Die Sitzung war deshalb nichtöffentlich.
Was die WBG allerdings immerhin erreichte, ist, dass die Stadt am Mittwoch eine Pressemitteilung dazu herausgegeben hat: 61 Wörter, verteilt auf drei Sätze. Doch diese wenigen Sätze, so vorsichtig sie auch formuliert sein mögen, bergen eventuell jede Menge Zündstoff. Ihre Erkenntnisse, dass „möglicherweise Mängel an der Ausführung der Pflasterarbeiten existieren“, bezieht die Stadtverwaltung aus einem Gutachten vom 18. Mai, das also ganz offensichtlich nach der ersten Überprüfung kurz nach der Platz-Eröffnung entstanden ist und das der Redaktion auszugsweise vorliegt.
„Abnahme ist zu verweigern“
„Die untersuchte Pflasterung – Kleinpflaster – auf dem Brüninghaus-Platz ist nicht nach den Regelwerken und der Ausschreibung hergestellt und die Abnahme ist zu verweigern“, heißt es darin. Der Gutachter liefert auch detaillierte Gründe für diese Einschätzung. Die Fugenbreiten entsprächen nicht dem Leistungsverzeichnis und den Regelwerken. Deshalb könnten sie „dem bestimmungsmäßigen Verkehr … nicht standhalten“. Durch die Benutzung könne es zu Verschiebungen des Pflasters kommen.
Auch die Bettungshöhe, also die unter den Steinen aufgebrachte Schicht aus Feinsplitt, entspreche „in hohem Maße“ nicht der Ausschreibung und den Regelwerken. Sie sei nicht gleichmäßig eingebaut worden, weshalb es durch ein Befahren der Fläche mit Kraftfahrzeugen zu Spurrinnen und Absackungen kommen könne.
Herausgekommen ist all dies offenbar, weil die Stadt hatte prüfen lassen, ob sich der Brüninghaus-Platz als Standort für den Wochenmarkt eignet. Nun kommt der Gutachter zu dem Schluss, dass sich das Areal für eine Nutzung als Marktplatz, Veranstaltungsfläche oder Eventfläche nicht eignet.
Vielfältige Nutzung gewollt
Doch genau das hatte die Stadt durch die Umgestaltung des Brüninghaus-Platzes erreichen wollen. Durch weitgehenden Verzicht auf Aufbauten sollte eine große Fläche entstehen, die vielfältig genutzt werden kann: für Stadtfeste, Weihnachtsmärkte, Bauernmärkte und vieles mehr. Darauf legen Stadtverwaltung und Fraktionen auch weiterhin großen Wert.
Die Stadt hat das Bauunternehmen inzwischen mit den Aussagen des Gutachtens konfrontiert und wartet nun auf eine Reaktion. Dass die Firma, die die Verlegung des Kleinpflasters an ein anderes Unternehmen weitervergeben hat, sofort Fehler einräumen und eine Nachbesserung vornehmen wird, ist kaum zu erwarten. Bei der Stadt rechnet man mit einem Gegengutachten.
Möglicherweise läuft am Ende alles auf einen Vergleich hinaus. Für Thomas Schroeder, im Rathaus zuständiger Fachbereichsleiter, steht aber fest: „Der Platz muss für Veranstaltungen nutzbar sein, das ist nicht verhandelbar.“
So sieht das auch die Politik. „Wir wollen einen voll funktionsfähigen Platz haben“, sagt beispielsweise FDP-Fraktionschef Friedhelm Hermes. „Der Platz muss für die vorgesehenen Zwecke nutzbar sein“, fordert CDU-Fraktionschef Stefan Ohrmann.
Nur Teilflächen betroffen
Gut möglich also, dass der Brüninghaus-Platz irgendwann wieder zur Baustelle wird. Wahrscheinlich würden dann aber nur die Kleinpflaster-Flächen erneuert werden müssen, vielleicht auch nur teilweise. Ihre Herstellung hat nach Worten von Fachbereichsleiter Schroeder „einen kleinen sechsstelligen Betrag“ gekostet.
Den Einzelhändlern am Brüninghaus-Platz, die ein Jahr lang unter den Bauarbeiten zu leiden hatten, schwant trotzdem schon Böses. „Das wäre eine mittlere Katastrophe“, sagt beispielsweise Peter Ebener, Geschäftsführer des WK-Warenhauses. Die Planungen für das auf dem Brüninghaus-Platz geplante Oktoberfest haben die Geschäftsleute schon auf Eis gelegt. Bis auf weiteres darf der Platz nur von Fußgängern benutzt werden.
Quelle: Süderländer Volksfreund 03.08.2017