Süderländer Volksfreund – 02.07.2009

Werdohler BürgerGemeinschaft und Hausärzte fordern, dass der Aspekt „ärztliche Versorgung in Werdohl“ von der Politik aufgegriffen werden soll Werdohl.

Ein Thema des Wahlkampfs

„Die Politik kümmert sich nicht um das Thema“, kritisierte Willibald Mertens, Geschäftsführer der Werdohler BürgerGemeinschaft, eingangs der Vortrags- und Diskussionsveranstaltung „Allgemeinmedizinischer Notfalldienst“ am Dienstagabend im Haus Werdohl. Deshalb habe sich die WBG dazu bewogen gefühlt, diese Themen anzustoßen. Hintergrund: Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) will die Notfallversorgung (24- Stunden-Dienst) durch die ansässigen Hausärzte im Kreisgebiet spätest- ens ab Januar 2010 wesentlich verändern. Zwei zentrale Notfallzentren für den gesamten Märkischen Kreis – eins in Lüdenscheid und ein weiteres in Iserlohn – sollen dabei entstehen (wir berichteten). „Ärzte machen in den beiden Kliniken alle fünf Tage einen 36-Stunden-Dienst. Das ist eine wesentliche Belastung“, so Mertens. Diese Entwicklung sei nichts Neues. „Doch wir sind in der Politik nicht so recht auf Gehör ge- stoßen“, sagte Dr. Wolfgang Krämer, der mit seinem Kollegen Thomas Greif an diesem Abend referierte. Bereits im Jahr 2004 seien Aktionen gestartet worden, um das Thema in der Öffentlichkeit zu bearbeiten. „Wir wurden damals belächelt.“ Doch die erste Konsequenz des „Kaputt- sparens“ komme jetzt. „Der Wettbewerb im Gesundheitswesen ist ein ruinöser Wettbewerb unter dem der Patient leidet“, so Krämer. Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, habe ein Aktionsprogramm gestartet, das eine Unterstützung von 1,5 Millionen Euro für ganz Westfalen vorsieht. Dieser Betrag, so beide Ärzte, sei aber viel zu gering. „Von der Politik ist zur Zeit keine Änderung zu erwarten“, resümierte Krämer. Weiteres Problem sei der Ärztemangel. Auf das Jahr gesehen braucht die Bundesrepublik Deutschland 10 000 Ärzte – 9000 werden aber nur fertig und davon wollen 70 Prozent ins Ausland. Für das Jahr 2015 rechnet Krämer nur noch mit 15 niedergelassenen Ärzten für Werdohl und Neuenrade; im Jahr 2006 waren es noch 29. „Wir gehen davon aus, dass wir bei der Hälfte der Ärzte landen werden und dann kommt noch die doppelte Dienstbelastung dazu.“  Der neue Notfalldienst sehe vor, alle fünf Tage und eine Nacht zu arbeiten. „Das ist nicht mehr attraktiv.“ Oberste Voraussetzung für eine vernünftige Notfalldienst- regelung sei der Erhalt des Krankenhauses, forderte Krämer hinsichtlich der Tendenz, dass „Lüdenscheid ausgebaut wird und andere Häuser im Kreis ausgedünnt werden“. Doch das wolle man, gerade auch im Hinblick auf den Notfalldienst, nicht. Die beiden Werdohler Hausärzte sehen die Zukunft der ärztlichen Versorgung in dem selbst entwickelten Verbund- system „Lennetz“. Mit den Krankenhäusern (Altena, Plettenberg – geplant ist auch, Werdohl mit ins Boot zu nehmen) und den vorhandenen Kollegen (70 niedergelassene Ärzte engagieren sich derzeit für Lennetz) seien Kooperationen möglich. „Allerdings treffen wir auf sehr viel verknöch- erte Strukturen. Ohne politischen Druck geht es nicht“, meint Krämer. „Man kann das Thema nicht als Wahlkampfthema außen vor lassen“, forderte auch Greif die etwa 30 Zuhörer auf und sein Kollege ergänzte: „Unterstreichen Sie, dass Sie sich Gedanken um die Zukunft machen. Früher oder später wird es jeden einmal ereilen, alleine im Bett zu liegen.“