Klagelied über Notfalldienst

Mitder Veranstaltung zur Neuregelung der ärztlichen Notfallversorgung hat die WBG wieder ein interessantes Thema gefunden, das den Bürger am Herzen liegt. Der Raum im Haus Werdohl war bis auf den letzten Platz gefüllt.

Die heimische Presse bericht so über die Veranstaltung:

WERDOHL ▪ „Das Ding ist organisatorisch und praktisch schlecht gestartet.“ Bei diesem Ding handelt es sich um den hausärztlichen Notdienst und dieses Ding hat seit Einführung für reichlich Ärger gesorgt. Und das hat auch Dr. Hubertus Steinkuhl als Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) mit seiner Aussage deutlich gemacht.

Die Reihe der Experten (von rechts): Dr. Hubertus Steinkuhl, Allgemeinmediziner Thomas Greif, WBG-Fraktionschef Willibald Mertens, Dr. Christoph-Franz Solbach und Apotheker Oliver Schwarz.

Bei der öffentlichen Informations- und Diskussionsveranstaltung im Haus Werdohl, zu der die WBG eingeladen hatte, gab es in der Reihe der Experten und unter den 35 Interessierten keinen, der Lob für die Neuregelung übrig hatte. Einmütigkeit herrschte darüber, dass angesichts eines Praxensterbens auf dem Land Handlungsbedarf bestanden hätte, um die Attraktivität des Berufs zu steigern.

Bei der Veranstaltung wurde daher weniger diskutiert als vielmehr ein Klagelied über den Notfalldienst angestimmt. So wiederholte der Allgemeinmediziner seine Erfahrungsberichte über weit zurückzulegende Strecken und organisatorische Probleme (wir berichteten ausführlich). „Es geht um die Tatsache, wie es durchgeführt wurde.“ Offenbar sei bei der Einführung auch nicht die Topographie des Sauerlandes beachtet worden.

Welche Auswirkungen es auf das Werdohler Krankenhaus hat, dass es am Wochenende nicht mehr einen allgemeinen Notfallarzt vor Ort gibt, sondern eine zentrale Rufnummer, an die sich die Bürger wenden können, zeigte der Chefarzt der Inneren Abteilung in der Stadtklinik, Dr. Christoph-Franz Solbach, auf. Die Erfahrung der ersten sechs Wochen habe folgende Zahlen ergeben: Waren es früher 109 Notdienste, die an der Schulstraße geleistet werden mussten, sind es bislang 122 Notdienste am Wochenende – im gleichen Zeitraum. „In dem Rahmen ist das zu leisten“, sorgte der Mediziner für wenig Diskussionsstoff.

Relativ entspannt blickte der Apotheker Oliver Schwarz auf die Änderung der Notdienstregelung bei den Apotheken. „Die Frequenz hat sich absolut nicht verändert.“

Und so waren es vor allem die Details, an denen sich Experten und Interessierte abarbeiteten. Dr. Hubertus Steinkuhl, als praktizierender Arzt in Werdohl nach eigener Aussage damit „kein abgehobener Funktionär“, schilderte noch einmal das Zustandekommen der Reform. Die Entscheidung sei durch die Vertreterversammlung der KV und die Ärztekammer gegangen. Die Folge sei eine schlechte Durchführung des Fahrdienstes. „Es ist schlimm und korrekturbedürftig.“ Und dies werfe ein schlechtes Bild auf die KV. Allgemeinmediziner Greif gab den Bürgern daher einen Tipp: „Rufen Sie erst einmal nicht die Servicenummer an, es wird ihnen sowieso nicht geholfen.“

Während des Frage-Antwort-Teils der Veranstaltung wurden dann auch viele allgemeine Themen angesprochen. So dürfe weiter die Rufnummer 112 im Notfall angerufen werden und der Bürger als Laie müsse den Rettungsdienst bei der eigenen Fehleinschätzung nicht bezahlen. Allgemeine Schilderungen über die Präsenz der Allgemeinmedizin an Hochschulen, die ein „Schattendasein“ dort führen würden (O-Ton Dr. Steinkuhl), erweiterten die Bandbreite des Info-Abends noch.

Kritik an Bürgermeister Griebsch gab es auch. So wartet Greif darauf, dass die Stadt bei jungen Medizinern mehr Werbung für sich und damit eine Ansiedlung mache. Eine Idee wäre, Parkplätze der Hausärzte durch den Baubetriebshof vom Schnee zu befreien. „Das sind kleine atmosphärischen Dinge, das wäre ein Klacks für den Bauhof. Hier pennen viele noch. Der Wettlauf der Städte hat schon begonnen.“

Marco Fraune (Süderländer Volksfreund)

Die Westfälische Rundschau schreibt:

„Warten Sie nicht auf Notdienst“

Werdohl, 16.03.2011, Gerhard W. Sonneborn

Werdohl. „Lassen Sie sich bei Anzeichen einer schwereren Erkrankung ins Krankenhaus bringen und warten sie nicht auf den ärztlichen Notdienst. Das kann eventuell lange dauern.“ Diesen Rat gab Allgemeinmediziner Thomas Greif bei einer Podiumsdiskussion für den Fall einer Erkrankung an Sonn- und Feiertagen.

Die Werdohler Bürgergemeinschaft fand am Dienstag im „Haus Werdohl“ auf ihre Veranstaltung über die seit Februar bestehende Neuordnung des Notfalldienstes eine gute Resonanz. Einschließlich Mitgliedern der WBG waren über 30 Personen gekommen.

Wettbewerb der Städte um junge Ärzte

Dr. Christof Solbach, Chefarzt der Inneren Abteilung der Stadtklinik, bekräftigte Greifs Empfehlung: „Wir schicken keinen unbehandelt nach Hause. Als medizinischer Laie kann niemand Krankheitssymptome auf ihre Ernsthaftigkeit abschätzen“. Darum brauche auch niemand Angst zu haben, eine Rechnung zu bekommen, wenn der Krankentransport bemüht wurde.

Zum Einstieg in die Diskussion schilderte WBG-Fraktionsvorsitzender Willibald Mertens die Probleme des ärztlichen Notdienstes. Er kritisierte die Gebührenpflicht des Anrufes an der Zentrale in Duisburg und Warteschleifen. Der Mangel an praktischen Ärzten, ein Notfallsystem, das mit dem bisher gekannten Notdienst der Hausärzte vor Ort nicht mehr vergleichbar ist, und die Topografie des südlichen Sauerlandes waren die beherrschenden Themen.

Schlechter Start nach Änderung

Willibald Mertens fand als Diskussionsleiter immer die richtigen Übergänge von einem zum anderen Podiumsteilnehmer. Einen denkbar schlechten Start attestierte Dr. Hubertus Steinkuhl, Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung, dem geänderten Notfalldienst. Die Neuregelung sei entstanden, um Ärzte zu entlasten. Die Neuordnung erfolgte vor dem Hintergrund eines Ärztemangels. Thomas Greif verwies auf einen Wettbewerb der Kommunen mit interessanten Angeboten zur Anwerbung junger Ärzte, möglichst Allgemeinmediziner. Dieser Wettbewerb werde zunehmen. In dem neuen System war Thomas Greif gleich zu Anfang als Notarzt eingeteilt. Die Zentrale ist beim Klinikum in Lüdenscheid und der Einsatz erfolgt von Duisburg. Bis nach Bad Laasphe wurden die Notärzte geschickt. Ärzte müssen zu Notfällen weit fahren, aber der Patient nach dem Arztbesuch eventuell ebenfalls weit zur Apotheke. Apotheker Oliver Schwarz erklärte dazu, man bemühe sich, dass die Entfernung von einer zu anderen Apotheke mit Sonntagsdienst nicht mehr als 20 Kilometer betrage. Alle waren sich einig, dass Änderungen zu erfolgen haben und kleinere Einsatzgebiete wünschenswert sind.

Bleibt die Erkenntnis, wie sie Thomas Greif formulierte, dass der mobile Notfallpatient an Sonn- und Feiertagen, wenn die Krankheitssymptome das zulassen, zum Notfallarzt ins Klinikum Lüdenscheid fährt und im anderen Fall das Krankenhaus in Werdohl aufgesucht wird, eventuell mit dem Krankentransport.